Die Vermessung von Glück

„Schöne Augenblicke sind das Glück des Lebens“. So sagt man.

Für den einen mag das ein Glas Rotwein am Feierabend sein. Andere wiederum bevorzugen den klassischen Lotterie-Gewinn. Gesundheit, Glück und Freude wünscht man gerne anderen, besonders zu Ehrentagen wie Geburtstag, Hochzeit und Geburt. Auch sich selbst wünscht man insgeheim das klassische Quäntchen Glück. Trotzdem gibt es viele, die behaupten genau jenes nicht zu haben. „Vom Glück verlassen“ zu sein – Ein Phänomen, das gerade in der heutigen Gesellschaft stark zuzunehmen scheint.

Dabei ist es häufig nur eine Frage der Wahrnehmung.
Die entscheidende Frage lautet also: Was ist Glück und woran lässt es sich messen?

Eine allgemein greifbare Definition von Glück scheint es nicht zu geben – selbst Wikipedia hat mich bei meinen Recherchen hierzu im Stich gelassen. Es gibt aber sehr wohl einen geschichtlichen Hintergrund zur Begrifflichkeit Glück:
Das Wort stammt aus dem Mittelnieder/hochdeutschen „gelucke/lucke“ und bedeutete damals so viel wie: „Art, wie etwas endet/gut ausgeht“. Eine günstige Fügung also, die allerdings weder Talente noch eigenes Zutun voraussetzte. Trotzdem war auch damals schon, Anfang des 12. Jahrhunderts, der Spruch „Jeder ist seines Glückes Schmied“ ein gängiger Hinweis darauf, dass Glück sowohl von äußeren Umständen, als auch von der eigenen Einstellung und Bemühung abhängig sein muss.
Also eine Art Mischung aus bewusst getroffenen Entscheidungen und Zufällen?

Aber Glück ist ja nicht gleich Glück.
Man unterscheidet zwischen Lebensglück und Zufallsglück.
Und da wären wir wieder beim Glückes Schmied, denn Lebensglück, das meint alles, was sich im direkten Umfeld befindet: Familie, Freunde, die berufliche Tätigkeit, alles, was eine Person als solche ausmacht. Der Alltag, das Gefühl des „angekommen seins“. Gibt es hier bereits Unstimmigkeiten, ist davon auszugehen, dass das persönliche Glückbarometer in die falsche Richtung ausschlägt.

Nimmt man den Beruf als Beispiel, stellt man fest: In der heutigen Zeit verbringen wir meist mehr Zeit mit unserer Arbeit, als mit Familie, Freunden und uns selbst. Ein zentraler Lebensbereich, der stark mit dem eigenen Selbstwert verbunden ist. Bin ich es mir wert den Job aufzugeben, wenn ich merke, er macht mich nicht glücklich? Bin ich es mir wert eine Auszeit zu nehmen, um herauszufinden welche Tätigkeit mir das Gefühl gibt „angekommen zu sein“? Eine solche Frage fordert Mut, Zeit und Geduld. Aber vor allem eines: Das Bewusstsein dafür, die potentielle Glücksbremse auch als solche zu erkennen.

Kommen wir zur zweiten Spezies „Glück“: Das Zufallsglück.
Wie der Name schon sagt spielt hier der Zufall mit rein, eine Tangente, die sich nicht beeinflussen lässt. Heinrich Heine bringt es mit einem Satz auf den Punkt: „Es küsst dich rasch und flattert fort.“ Damit wäre dann wohl der klassische Lotteriegewinn gemeint, der zwar einerseits alleine durch den Ticketkauf selbstbestimmt, aber sicherlich nicht selbstgemacht ist. Ist das das pure Glück? Sollten wir mehr Lottoscheine lösen?

Sicherlich besteht ein Zusammenhang zwischen finanzieller Unbeschwertheit und „sich glücklich fühlen“. Die Miete ist gezahlt, das Studium finanziert, der Lebenstraum Weltreise bereits gebucht – Unbeschwertheit. Gelöstheit. Zufriedenheit. Glück?

Bedürfnispyramide nach Maslow

Auf dem Weg zur Selbstverwirklichung, dem Zustand, der dem Gefühl des Glückes wohl am nächsten kommt, durchlaufen wir verschiedene Stufen die unterschiedliche Anforderungen an unsere Bedürfnisse stellen. Finanzielle, wie anatomische Grundbedürfnisse legen den ersten Stein. Sicherlich eröffnet sich bereits hier Raum für Diskussionen wenn es um die Einordnung des Grundbedürfnisses „Studium“ zur persönlichen Weiterbildung geht. Ich persönlich verbuche diesen Wert unter der Stufe „Individual Bedürfnisse“. Die erste Stufe beschäftigt sich ganz grundlegend mit dem nackten Überleben. Manch einer mag eine funktionierende W-Lan Verbindung bereits hier einordnen – ihr seht: Alles eine Frage der Perspektive/Wahrnehmung (-;

Und auch Individual-Befürdnisse können hier ganz unterschiedlich ausfallen. Die Gruppe, mit der ich dieses Flipchart gemeinsam erarbeitet habe, empfand Schlaf über das „normale“ Maß hinaus (Was ist schon normal..) als essentiell wichtig. Aber auch individuelles Zeitmanagement, ein Hinweis darauf sein eigener Chef zu sein, war ein großer Schritt in Richtung „Glück“, „Zufriedenheit“, „Selbstverwirklichung“.

Alle aufgeführten Stufen samt ihrer Inhalte entspringen der Kategorie „Lebensglück“. Das selbstgemachte Glück, der Schlüssel zur Selbstverwirklichung entspringt aus unserer ganz eigenen Bedürfnispyramide. Und auch hier können Perspektivwechsel eine Umordnung initiieren. War es zuvor die W-Lan Verbindung, die wir als essentielles Grundbedürfnis erachtet haben, so ist es später vielleicht das Aufwachen in den Armen der Liebsten.

Tja und dann wäre da noch Murphy. Der unverhoffte Besucher, der eigentlich nur Unglück bringt. Rückwärts den Berg hinunter rollend. Unverhofft kommt oft.
Aber auch er entspringt unserer eigenen Einstellung zum Glück.
Dem Glück eine Chance zu geben ist dabei die effektivste Variante sich diesen Unglücksbringer vom Hals zu halten. Wie das funktioniert?
Indem man ihn nicht erwartet, ihn aussperrt und grundsätzlich ausnahmslos positive Ereignisse und Ausgänge erwartet. Denn unser Gehirn hört genau zu, wenn wir mit uns sprechen.

Der erste Satz am Morgen entscheidet über den weiteren Verlauf des Tages. Die Augen öffnen sich, ein Blick aus dem Fenster verrät: Es regnet in Strömen. Kaltes, nasses Hundewetter.

„Der Tag kann nur mies werden. Ich wollte Bergsteigen gehen. Mit diesem Wetter unvorstellbar“, spricht der Kopf und sucht nach Ereignissen, die in der Vergangenheit mit Regenwetter einen schlechten Tag beschwert haben. Glaubt mir, er wird etwas dazu finden. Und der Tag wird genauso mies verlaufen, wie der letzte.

„Es regnet. Ich wollte eigentlich Bergsteigehen gehen. Bei dem Wetter unvorstellbar. Aber heute ist vielleicht genau der Tag, an dem ich einfach mal im Bett liegen bleibe und die neue Staffel meiner Lieblingsserie genieße, Pizza bestelle und einfach mal nichts tue. Das hätte ich sicherlich nicht getan, wenn die Sonne sich gezeigt hätte“, spricht der Kopf und sucht nach positiven Erlebnissen, die er mit schlechtem Wetter in Verbindung bringt. Und auch hier: Er wird etwas dazu finden mit dem kleinen Unterschied, dass ihr in dieser Situation als euer eigener Glückes Schmied gehandelt habt. Und der Tag kann beginnen.

 

#demGlückeineChancegebensichzuzeigen

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